Verfasst von FirmenBILD Redaktion

Kanzleiübernahme oder Neugründung - Welche Strategie für junge Steuerberater?

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  • Vor 2 Monaten veröffentlicht

Junge Steuerberater stehen vor einer wegweisenden Entscheidung: eine etablierte Steuerkanzlei kaufen oder doch eine eigene Kanzlei von Grund auf neu aufbauen? Beide Wege führen in die Selbstständigkeit, doch sie unterscheiden sich finanziell, strategisch und in Bezug auf zukünftige Chancen erheblich.

Inhaltsverzeichnis

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Traditionell galt die Übernahme einer bestehenden Kanzlei – mit vorhandenem Mandantenstamm, eingespielten Strukturen und gewachsenem Ruf – als der sichere Einstieg in die eigene Praxis. Doch aktuelle Branchenentwicklungen wie Digitalisierung, Automatisierung, der Mangel an Fachkräften und verändertes Mandantenverhalten stellen diese klassischen Überlegungen infrage. Marketing-Experten wie Jonas Strambach (S&P Consulting) argumentieren sogar, dass eine Neugründung heutzutage oft die nachhaltigere Lösung ist und weisen auf handfeste Vorteile hin: von niedrigeren Kosten über die Gewinnung „Wunschmandanten“ bis hin zu modernster digitaler Infrastruktur.

Dieser Beitrag beleuchtet neutral beide Optionen – Kauf versus Neugründung – prüft deren Vor- und Nachteile vor dem Hintergrund aktueller Trends und liefert jungen Steuerberatern fundierte Orientierung für die richtige Entscheidung.

Kauf einer Kanzlei: Bewährter Start mit Tücken der Tradition

Sofort Mandanten und Umsatz – doch bleibt der Stamm wirklich treu?

Eine übernommene Kanzlei bietet den vermeintlich größten Vorteil gleich mit: einen etablierten Mandantenstamm. Von Tag eins an generiert die Kanzlei Umsätze, die Beziehungen zu den Mandanten sind über Jahre gewachsen und stabil. Besonders für Berufsanfänger klingt das verlockend, denn der mühsame Aufbau eines Kundenstamms entfällt zunächst.

Doch dieser Vorteil kommt mit Sternchen: Studien zeigen, dass nach einem Inhaberwechsel 15-30 % der Mandanten abwandern – vor allem, wenn ihre Bindung vor allem der Person des Vorgängers galt. In einer vertrauensbasierten Dienstleistung wie der Steuerberatung ist diese Fluktuation ein kritisches Risiko. Neue Kanzleiinhaber müssen also viel Empathie und aktive Kommunikation investieren, um Vertrauen aufzubauen und die Mandantenbindung zu sichern. Andernfalls drohen überraschende Umsatzrückgänge trotz gut gefüllter Kartei. Zudem lohnt ein Blick auf die Zusammensetzung des Mandantenstamms: Verkauft ein Senior seine Kanzlei aus Altersgründen, sind oft auch viele Mandanten mitgealtert – sie gehen möglicherweise bald in Ruhestand oder ihre Unternehmen stehen vor einer Übergabe. Solche Altmandate können für Nachfolger wenig zukunftsträchtig sein. Im Gegensatz dazu kann ein Neugründer seine Klientel von Anfang an strategisch auswählen und gezielt Wunschmandanten ansprechen, die zum eigenen Profil passen – dazu später mehr.

Eingespielte Strukturen und Personal – Fundament oder Sanierungsfall?

Ein weiterer Trumpf einer Übernahme sind die vorhandenen Strukturen: Büro, Technik und Mitarbeiter sind in der Regel vorhanden und sofort einsatzbereit. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel erscheint es ideal, ein eingearbeitetes Team zu übernehmen, statt mühsam Personal am angespannten Arbeitsmarkt zu suchen. Doch hier ist Wachsamkeit geboten: Sind Organisation und Software veraltet, bremst das die Kanzlei künftig aus. Beispielsweise arbeiten manche alteingesessenen Kanzleien noch mit papierbasierten Akten oder veralteter Kanzleisoftware – die Modernisierung kann Zeit und sechsstellige Beträge kosten.

Veränderungen stoßen zudem nicht immer auf Begeisterung: Mitarbeiter, die „seit 20 Jahren ihre Routine haben“, reagieren mitunter resistent auf neue Prozesse oder digitale Workflows. Ein Kulturwandel („Das haben wir schon immer so gemacht!“) kann Zeit, Nerven und zusätzliche Investitionen erfordern.

Die Übernahme einer Kanzlei bedeutet daher oft Change-Management: Der neue Inhaber muss behutsam modernisieren, ohne das Team zu verprellen. Gelingt dies nicht, drohen Personalabgänge – besonders Schlüsselkraft-Abwanderung kann schmerzhaft sein und den erhofften Startvorteil zunichtemachen. Positiv ist hingegen, dass der alte Kanzleiinhaber in der Übergangszeit häufig mit Rat zur Seite steht. Dieses Insider-Wissen aus Jahrzehnten kann dem Nachfolger helfen, typische Stolpersteine zu umgehen und die Einarbeitung zu erleichtern. Insgesamt bietet eine Übernahme also ein „fertiges Nest“, erfordert aber unter der Haube oft Renovierung, damit Strukturen und Personal den Anforderungen der Zukunft genügen.

Ruf und Standort – Wertvolles Erbe mit lokalem Fokus.

Ein bestehender Kanzleiname und Ruf in der Region sind immaterielle Vermögenswerte. Wer eine Kanzlei mit gutem Renommee übernimmt, profitiert vom Vertrauensvorschuss, den der Name bei lokalen Unternehmen und Behörden genießt. Dieser Startbonus erleichtert es jungen Beratern, ernst genommen zu werden. Auch der Standort kann ein Plus sein: etwa eine zentral gelegene Kanzlei mit hoher Sichtbarkeit, die Laufkundschaft und Bekanntheit mitbringt. Allerdings sollte man prüfen, ob Standort und Mandantenstruktur zur eigenen Zielgruppe passen – eine Kanzlei in einer traditionellen Senioren-Lage ist z.B. ideal für Erbschafts- oder Rentenberatung, aber weniger, um Startups oder digitale Nomaden als Mandanten zu gewinnen. Zudem ist ein guter Ruf zwar hart erarbeitet, kann aber schnell leiden, wenn mit dem neuen Inhaber Qualitätsprobleme oder Änderungen auftreten.

Nicht zuletzt könnten verborgene Altlasten das Erbe schmälern: Gibt es vielleicht alte Haftungsrisiken, ungeklärte Streitfälle oder unzufriedene Ex-Mandanten, die dem Ruf latent schaden? Eine sorgfältige Due Diligence vor dem Kauf ist daher Pflicht – Recherche nach eventuellen „Karteileichen“ oder Skandalen schützt vor bösen Überraschungen.

Hohe Kaufpreise und versteckte Kosten.

Ein Punkt, der angehende Kanzleikäufer oft unterschätzen, sind die finanziellen Hürden. Steuerkanzleien werden am Markt üblicherweise mit dem 0,5- bis 1,5-Fachen des Jahresumsatzes bewertet. Konkret heißt das: Für eine Kanzlei mit z.B. 500.000 € Jahresumsatz werden nicht selten 250.000 bis 750.000 € Kaufpreis aufgerufen. In urbanen Zentren liegen die Multiplikatoren oft am oberen Ende. Dieser Preis spiegelt den Wert des Mandantenstamms und des Goodwill wider – und fließt als Investitionssumme ab, noch bevor der erste Cent unter neuer Regie verdient wurde.

Junge Steuerberater müssen dafür entweder erhebliche Eigenmittel oder Kredite einbringen. Die Finanzierung einer solchen Summe über Bankdarlehen bedeutet auf Jahre Zins- und Tilgungsbelastungen, die aus dem Kanzleigewinn bestritten werden müssen. Zusätzlich zum reinen Kaufpreis können versteckte Kosten auftreten: langlaufende teure Mietverträge, Abfindungen für nicht übernommenes Personal oder die IT-Sanierung für Datenschutz und digitale Zusammenarbeit.

Ein Beispiel aus der Praxis: Die Umstellung einer analogen Kanzlei auf vollständig digitale Prozesse kann schnell 50.000 € und mehr verschlingen. Diese Altinvestitionen relativieren den Vorteil, dass „alles schon da ist“. Hinzu kommt, dass der neue Inhaber trotz vorhandenen Cashflows in den ersten Monaten genau kalkulieren muss, ob die laufenden Einnahmen tatsächlich alle Fixkosten decken – oder ob er privat zuschießen muss.

Kurzum: Das finanzielle Risiko einer Übernahme ist beträchtlich. Zwar erkauft man sich einen sofort funktionierenden Betrieb, aber zum Preis einer unter Umständen hohen Schuldenlast und der Wette, dass Mandanten wie Erträge ohne Bruch fortbestehen. Gerade angesichts künftiger Herausforderungen – etwa, dass Standardaufgaben in Buchführung und Abschluss zunehmend automatisiert werden – muss man sich fragen, ob der gekaufte Umsatz langfristig stabil bleibt. Insofern sollte jeder Übernahmekandidat sorgfältig überlegen, wie zukunftsfähig die gekaufte Kanzlei aufgestellt ist und wie hoch der Modernisierungsbedarf ausfällt.

Neugründung einer Kanzlei: Modernes Wachstum auf der grünen Wiese

Angesichts der genannten Stolpersteine verwundert es nicht, dass immer weniger junge Steuerberater den Königsweg Kanzleikauf beschreiten. Während 2012 noch über 71 % der Steuerberater selbstständig waren, sank dieser Anteil bis 2021 auf knapp 61 % – viele Nachwuchskräfte ziehen eine Anstellung in größeren Einheiten vor.

Doch für jene Jung-Steuerberater, die den Sprung in die eigene Selbstständigkeit wagen, zeichnet sich ein neuer, innovativer Weg ab: die Neugründung einer eigenen Kanzlei im Einklang mit den modernen Anforderungen.

Jonas Strambach im Gespräch mit FirmenBild.com

Jonas Strambach, Gründer der Marketingberatung S&P Consulting, nennt in einem vielbeachteten Pitch fünf entscheidende Vorteile der Neugründung gegenüber dem Kanzleikauf. Diese liegen in den niedrigeren Kosten, der freien Mandantenauswahl, modernsten Strukturen, exzellentem Personal und einem schnellen Marktzugang durch Online-Marketing. Schauen wir uns diese Punkte – flankiert von aktuellen Markttrends – genauer an.

Geringere Einstiegskosten und finanzielle Flexibilität.

Der wohl greifbarste Vorteil: Eine Neugründung erfordert deutlich weniger Kapital als der Kauf einer Kanzlei. Anstatt mehrere hunderttausend Euro für einen bestehenden Mandantenstamm auszugeben, müssen Neugründer primär in Anlaufkosten investieren – z.B. für Büroeinrichtung, Software, Website und Marketing. Diese Aufwendungen liegen meist im fünfstelligen Bereich und wachsen mit der Kanzlei, statt als große Vorleistung auf einen Schlag fällig zu sein. Zudem lassen sich Gründungskosten durch öffentliche Fördermittel oder Gründerkredite oft günstig finanzieren, während beim Kanzleikauf die Preise durch die hohe Nachfrage nach Nachfolgen eher steigen.

In Ballungsräumen konkurrieren Kaufinteressenten um attraktive Kanzleien, was die Einstiegshürde „Kaufpreis“ erhöht. Für viele junge Steuerberater ist es einfacher, klein anzufangen und eigenständig zu wachsen, als einen großen Kredit für eine Übernahme zu schultern. Die freie Finanzdecke kann man stattdessen gezielt in Wachstumstreiber stecken – moderne Technik, Personalentwicklung oder eben Marketing, das neue Mandanten bringt. Somit behält der Gründer finanzielle Flexibilität. Sollte sich eine Strategie als nicht erfolgreich erweisen, kann man justieren, ohne gleichzeitig einen Berg an Übernahmekrediten bedienen zu müssen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der psychologische Aspekt: Ein eigenes Unternehmen „organisch“ hochzuziehen, vermittelt oft ein stärkeres Gefühl der Kontrolle, als ein bereits großes Schiff schuldenbemannt zu übernehmen. Natürlich darf man die Anlaufverluste einer Neugründung nicht ignorieren – in den ersten 12-24 Monaten ist Geduld gefragt, bis ein stabiler Mandantenstamm und auskömmlicher Cashflow aufgebaut sind. Doch diese Anfangsphase lässt sich heute durch clevere Maßnahmen deutlich verkürzen. Insgesamt lautet Strambachs These: Wer gründet, spart die Übernahmekosten und investiert lieber in die eigene Kanzlei – mit Potenzial für eine höhere Rendite, sobald die Mandantengewinnung Fahrt aufnimmt.

Wunschmandanten statt Altlasten: Die Kanzlei nach eigenem Profil.

Jeder erfahrene Berater weiß, dass nicht alle Mandanten gleich profitabel oder erfüllend sind. Eine Neugründung ermöglicht die einzigartige Chance, von Anfang an die DNA der Kanzlei selbst zu definieren – fachlich und kulturell. Man kann sich spezialisieren und die Zielgruppe schärfen, etwa auf Freiberufler, Startups, E-Commerce-Unternehmen oder internationale Steuerfälle. Mit einem klar umrissenen Profil zieht die junge Kanzlei gezielt jene Mandanten an, die man sich wünscht, und grenzt weniger passende Aufträge bewusst aus.

Ein Praxisbeispiel liefert die Berliner Guhr Steuerberatung, die mit Unterstützung von S&P Consulting ihre Neugründung konsequent auf eine homogene Wunschkundengruppe – in diesem Fall Freiberufler – ausrichtete. Durch diese Fokussierung wurden automatisch die richtigen Mandanten angezogen, während unpassende Anfragen gar nicht erst entstanden.

Das Resultat: Die Kanzlei konnte sich ihre Mandate aussuchen und konzentrierte die Ressourcen auf hochwertige A-Mandate statt auf Masse. Demgegenüber übernehmen Kanzleikäufer oft einen heterogenen Mandantenmix, in dem sich auch weniger attraktive Altmandate befinden können – etwa Klienten mit veralteten Pauschalhonoraren oder Firmen, die neue Beratungsfelder gar nicht nachfragen. Solche alten Verträge und Gewohnheiten kann der Übernehmer nur mühsam ändern, ohne Mandanten zu verprellen.

Beispielsweise zahlen langjährige Stammkunden einer übernommenen Kanzlei oft noch Alt-Tarife, die heute wirtschaftlich kaum tragfähig sind. Eine notwendige Honorarerhöhung könnte diese Mandanten vergraulen. Auch in puncto Technologie sind übernommene Mandanten bisweilen schwierig: Ältere Unternehmer lehnen elektronische Belegübermittlung oder digitale Portale ab, sodass die Kanzlei gezwungen ist, Parallelstrukturen (analog und digital) zu unterhalten. Ein Neugründer kann dem entgegenwirken, indem er digital-affine Mandanten anspricht, die moderne Tools schätzen – zum Vorteil beider Seiten.

Letztlich führt die Strategie „Wunschmandanten statt Altmandate“ zu einer höheren Zufriedenheit auf beiden Seiten: Der Berater arbeitet mit Kunden, die zu seiner Ausrichtung passen und profitable Aufträge bringen, während die Mandanten einen Berater haben, der sich genau auf ihre Bedürfnisse spezialisiert hat. Dieses Win-win wirkt nachhaltig: Solche Mandanten bleiben tendenziell loyaler, weil das Leistungsangebot exakt auf sie zugeschnitten ist.

Digitale Strukturen von Anfang an – kein Ballast durch Altsysteme.

Die Steuerberatungsbranche durchläuft eine digitale Revolution: Automatisierte Buchhaltung, KI-gestützte Analysetools und Online-Plattformen verändern die Arbeitsweise grundlegend. Eine Neugründung bietet die Möglichkeit, auf der grünen Wiese ein digitales Kanzleikonzept zu verwirklichen – ohne Rücksicht auf überkommene Systeme oder analoge Altlasten. Neugründer können modernste Cloud-Software, digitales Belegmanagement und automatisierte Prozesse vom ersten Tag implementieren. Das steigert die Effizienz beträchtlich: Standardaufgaben lassen sich bündeln und Fehlerquellen reduzieren. Mandanten profitieren von schnellen, nahtlosen Abläufen, und der Steuerberater gewinnt Freiräume für strategische Beratungsleistungen. Wichtig ist dabei, dass Digitalisierung in Kanzleien weniger ein technisches als ein organisatorisches Thema ist. Wer neu gründet, kann Strukturen und Workflows von vornherein digital denken, anstatt Mitarbeiter aufwendig umlernen zu müssen.

Beispielsweise lassen sich heute nahezu papierlose Kanzleiprozesse einführen – vom digitalen Mandatsvertrag bis zur elektronischen Finanzbuchführung. In der Corona-Pandemie zeigte sich der Vorteil solcher Ansätze: Kanzleien mit Cloud-Systemen konnten nahtlos ins Homeoffice wechseln, während andere improvisieren mussten. Eine neu gegründete Kanzlei ist somit oft resilienter und skalierbarer: Sie kann wachsen, ohne durch Alt-Technik gebremst zu werden, und bleibt in Krisenzeiten handlungsfähig. Auch aus Sicht der IT-Sicherheit und Compliance ist ein Neustart leichter – alle Systeme entsprechen aktuellen Standards, während bei Übernahmen oft erst nachgerüstet werden muss. Nicht zuletzt erhöht eine moderne Tech-Ausstattung den Wert der Kanzlei selbst für die Zukunft – sollte man in vielen Jahren selbst einen Nachfolger suchen, ist eine digitalisierte Praxis deutlich attraktiver auf dem Markt.

Automatisierungspotenziale können ebenfalls besser ausgeschöpft werden: Neue Kanzleien können früh auf innovative Software setzen, die z.B. Buchungen vorkontiert oder Steuererklärungen teilautomatisch erstellt. So gelingt es, trotz Fachkräftemangel mehr Mandate pro Mitarbeiter zu betreuen und die Produktivität zu heben. Kurzum: Neugründen heißt neueste Strukturen schaffen – ein unschätzbarer Vorteil, da die Branche in den kommenden Jahren durch Technik weiter im Umbruch sein wird.

Attraktivität für Top-Talente: Das bessere Personal gewinnen.

Gute Mitarbeiter sind das Rückgrat jeder Kanzlei – und inzwischen so rar wie gute Mandate. In vielen Regionen herrscht akuter Fachkräftemangel in der Steuerberatung, sodass kleine Kanzleien oft händeringend Personal suchen. Eine neu gegründete Kanzlei kann jedoch von Anfang an eine Arbeitsumgebung für A-Player gestalten. Junges, leistungsstarkes Personal – Steuerfachangestellte, Bilanzbuchhalter, junge Steuerberater – achtet heute nicht nur auf Gehalt, sondern auf Arbeitsbedingungen und Kultur. Eine modern geführte Kanzlei mit flachen Hierarchien, Homeoffice-Möglichkeiten und digitaler Ausstattung hat einen Wettbewerbsvorteil im Ringen um Talente.

Strambachs Erfahrung zeigt, dass innovative Kanzleien selbst in engem Arbeitsmarktumfeld Mitarbeiter finden können. In der erwähnten Berliner Neugründung etwa wurde ein digitales Recruiting-System aufgesetzt, inklusive Social-Media-Kampagne und schlankem Online-Bewerbungsprozess – mit durchschlagendem Erfolg: Innerhalb weniger Wochen meldeten sich über 20 qualifizierte Bewerber, und bereits nach 6 Wochen wurde die erste Fachkraft eingestellt. Dieser Fall belegt, dass Employer Branding und digitale Personalsuche die Chancen verbessern, gerade auch gegenüber alteingesessenen Kanzleien, die solche Wege noch nicht gehen.

Wer neu gründet, kann zudem gezielt ein Team aus gleichgesinnten, motivierten Kräften aufbauen, statt ein eventuell demotiviertes oder überaltertes Personal zu „erben“. Zwar bedeutet das Rekrutieren und Einarbeiten neuer Mitarbeiter anfangs Aufwand, doch mittelfristig entsteht so eine leistungsfähige Teamkultur nach den Vorstellungen des Inhabers.

Dem steht die Gefahr bei Übernahmen gegenüber, dass wichtige Mitarbeiter kündigen oder in Rente gehen und man sich dann doch auf dem Arbeitsmarkt behaupten muss – allerdings dann mit dem Handicap, eine traditionelle Kanzlei attraktiv verkaufen zu müssen.

Eine aktuelle Branchenanalyse zeigt, dass größeren Einheiten die Personalakquise deutlich leichter fällt als Einzelkanzleien. Neugründer können darauf reagieren, indem sie sich entweder in Netzwerken zusammenschließen oder ihre Kanzlei von Anfang an so zukunftsorientiert positionieren, dass sie für junge Fachkräfte reizvoll ist (z.B. mit Weiterbildungsmöglichkeiten, modernen Tools, Beteiligungsmodellen für Leistungsträger).

Unter dem Strich ermöglicht eine Neugründung ambitionierten Steuerberatern, ein echtes „A-Team“ zusammenzustellen – ein unschätzbarer Vorteil in einem Berufsfeld, in dem Know-how und Einsatz der Mitarbeiter maßgeblich über Erfolg und Misserfolg entscheiden.

Schneller Marktzugang durch Online-Marketing und Positionierung.

Früher galt: Eine neue Kanzlei braucht Jahre, um bekannt zu werden – oft durch Mundpropaganda und lokale Vernetzung. Im digitalen Zeitalter hat sich dieses Paradigma verschoben. Online-Marketing und clevere Positionierung ermöglichen es auch Newcomern, rasch im Markt sichtbar zu werden und Mandanten zu gewinnen. Suchmaschinen, Social Media und spezialisierte Plattformen sind die neuen „Schaufenster“ einer Kanzlei. Durch SEO (Search Engine Optimization) kann eine junge Kanzlei bei Google & Co. prominent erscheinen, wenn potenzielle Mandanten nach einem Steuerberater suchen.

Ein gutes Ranking für relevante Suchbegriffe bringt direkt qualifizierte Anfragen. Ergänzend sorgen gezielte Online-Anzeigen (SEA) für schnellen Zulauf – beispielsweise Google Ads für Unternehmensgründer oder Facebook/LinkedIn-Kampagnen, die genau die gewünschte Klientel ansprechen.

Jonas Strambach berichtet in diesem Zusammenhang von eindrucksvollen Kennzahlen: In dem genannten Berliner Kanzlei-Projekt gelang es, die Website auf Google-Seite 1 zu platzieren und dadurch täglich 15-20 Anfragen von Neumandanten zu generieren. Innerhalb von 12 Monaten verzeichnete die Kanzlei so eine Umsatzverzehnfachung – ein Wachstum, das ohne Online-Marketing kaum denkbar gewesen wäre. Wichtig hierbei ist nicht nur die Quantität der Anfragen, sondern deren Qualität: Dank der klaren Positionierung konnten unerwünschte Mandate ausgesiebt und die wirklich passenden Mandanten gewonnen werden.

Neben Suchmaschinen spielen auch Social-Media-Kanäle eine Rolle: Über LinkedIn oder Instagram können junge Steuerberater ihre Expertise zeigen, Vertrauen aufbauen und sogar Mitarbeiter ansprechen. Kooperationen und Empfehlungsnetzwerke lassen sich digital ebenfalls effizienter knüpfen. All das führt dazu, dass eine Neugründung heute nicht mehr per se einen jahrelangen Marsch durch die Wüste bedeutet. Planbare Mandantengewinnung ist möglich, wenn man die Klaviatur des Online-Marketings beherrscht.

Gerade die Generation junger Unternehmer – potenzielle Mandanten von morgen – sucht ihren Steuerberater eher via Internetempfehlung und Online-Bewertungen als im Telefonbuch. Wer hier früh investiert, verschafft sich einen Startvorteil. Somit kann ein Neugründer mit einem starken digitalen Marketingkonzept oft schneller in den Markt eindringen als jemand, der eine Kanzlei kauft und zunächst den Kundenabgang kompensieren sowie das Marketing von traditionell auf modern umstellen muss.

Aktuelle Trends fordern Umdenken

Der Vergleich von Kanzleikauf und Neugründung muss immer im Kontext der aktuellen Branchentrends gesehen werden. Die Steuerberatungsbranche befindet sich im Umbruch: In den nächsten Jahren geht fast ein Viertel aller Steuerberater in Deutschland in Rente. Dieser bevorstehende Generationenwechsel bietet zwar vielen Jungen die Chance zur Nachfolge, offenbart aber auch ein Problem: Schon heute finden viele abgabewillige Senior-Chefs keinen passenden Nachfolger. Besonders im ländlichen Raum bleiben Kanzleien mangels Käufer unbesetzt. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass das klassische Modell „Einzelkanzlei vom Senior an Junior“ an Attraktivität verliert. Gründe sind die bereits erwähnten finanziellen Hürden und die sinkende Bereitschaft junger Berufsträger, das volle Risiko einer Selbstständigkeit zu tragen.

Gleichzeitig steigen aber die Anforderungen an Kanzleien: Immer komplexere Steuergesetze, fortschreitende Digitalisierung und KI sowie anspruchsvollere Mandanten, die vernetzte Beratungsangebote erwarten. In dieser Gemengelage könnte die Neugründung in modernen Strukturen für viele der zukunftsweisendere Weg sein. Sie erlaubt es, Geschäftsmodelle von vornherein auf Beratungsqualität und Effizienz zu trimmen, statt eine tradierte Kanzlei teuer zu übernehmen und dann zu transformieren.

Freilich gibt es auch hybride Lösungen: Zum Beispiel schließen sich jüngere Steuerberater zu Kanzlei-Verbünden oder Partnerschaften zusammen, um Synergien zu heben und gemeinsam zu gründen. Solche Modelle verbinden die Vorteile der Neugründung (Flexibilität, moderne Ausrichtung) mit einigen Sicherheiten der Übernahme (gemeinsamer Mandantenpool, geteilte Fixkosten). Zudem entstehen neue Plattformen und Beraternetzwerke, die den Einzelkämpfer-Ansatz ablösen könnten.

Auch externe Investoren zeigen Interesse, in kleine und mittlere Kanzleien zu investieren, um Digitalisierungsschübe zu finanzieren – ein bisher in freien Berufen kontroverses, aber zunehmend diskutiertes Konzept. Automatisierung wiederum wird mittelfristig bestimmte Tätigkeiten überflüssig machen, während gleichzeitig Beratungsbedarf in komplexen Fragen steigt. Eine neue Kanzlei kann diese Schwerpunkte viel eher setzen, statt primär auf die Abrechnung von Routinearbeiten zu bauen.

Und schließlich der Fachkräftemangel: Er bleibt ein doppeltes Schwert. Für Übernehmer kann er Segen sein – bestehendes Personal wird wertvoller denn je – aber auch Fluch, falls nach der Übernahme Abgänge kompensiert werden müssen. Für Neugründer bedeutet er, dass kreative Personalstrategien erforderlich sind. Allerdings zeigen Umfragen, dass größeren Einheiten die Mitarbeitergewinnung besser gelingt als Einzelpraxen. Es spricht also vieles dafür, von Anfang an in Netzwerken oder mit expansiver Strategie zu starten, um nicht dauerhaft klein zu bleiben. Unabhängig vom Weg sollte jedem Kanzleiinhaber klar sein: Mandantenbindung und Mitarbeiterzufriedenheit sind die zentralen Erfolgsfaktoren in Zeiten hoher Wechselbereitschaft – und beide Aspekte hängen eng mit moderner Kanzleiführung zusammen.

Fazit: Individuelle Entscheidung mit Blick auf die Zukunft

Kaufen oder gründen? – Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn sie hängt maßgeblich von der individuellen Ausgangslage und den Zielen des jungen Steuerberaters ab. Eine Kanzleiübernahme bietet einen schnelleren Start mit bestehenden Umsätzen, einem erprobten Team und sofortiger Marktpräsenz. Sie kann der richtige Weg sein für jene, die Sicherheit und bestehende Strukturen schätzen und bereit sind, einen hohen Preis für ein „laufendes System“ zu zahlen. Insbesondere wenn man einen sehr gut passenden Übernahmekandidaten findet – vielleicht eine Kanzlei, die bereits digital aufgestellt ist, mit treuen, zukunftsfähigen Mandanten und motivierten Mitarbeitern – kann der Kauf eine Abkürzung zum Erfolg darstellen. Allerdings müssen Käufer die Risiken (Mandantenabwanderung, Investitionsstau, Kulturkonflikte) genau im Blick haben und genug finanzielle sowie mentale Reserven für die Übergangszeit einplanen.

Die Neugründung hingegen erfordert Mut, Ausdauer und anfangs auch Verzicht, verspricht aber größtmögliche Gestaltungsfreiheit. Sie lohnt sich für Unternehmerpersönlichkeiten, die klare Vorstellungen von ihrer „Idealkanzlei“ haben und bereit sind, diese Vision Schritt für Schritt umzusetzen. Die Vorteile sind – geringe Kosten, Wunschmandanten, moderne Prozesse, Top-Personal und schnelles Marketing – können in Summe eine überzeugende Erfolgsformel ergeben. Dank Digitalisierung und Online-Marketing lässt sich der Mandantenaufbau inzwischen beschleunigen und planbarer gestalten als früher.

Dennoch sollten Gründer realistisch bleiben: Ohne einige Jahre harter Arbeit, kontinuierlichen Aufbau von Reputation und einem professionellen Team an der Seite wird es nicht gehen. Wer frisch von der StB-Prüfung kommt und kaum Berufserfahrung hat, ist mit einer sofortigen Neugründung womöglich überfordert – hier kann es sinnvoll sein, zunächst als angestellter oder juniorer Partner Erfahrungen zu sammeln. Für alle anderen gilt: Die Entscheidung will gut durchdacht sein, denn sie prägt die berufliche Zukunft grundlegend.

FirmenBILD Redaktion

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  • vor 2 Monaten

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